Susanne Mittag diskutiert in der Waldschule über Europa

Der Geräuschpegel steigt deutlich, das Gemurmel im Klassenraum der Waldschule in Hatten nimmt zu. Es wird interessant. „Warum wird Marihuana nicht legalisiert“, hat ein Schüler gefragt und bekommt von der SPD-Bundestagsabgeordneten Susanne Mittag eine klare Antwort. „Ich bin strikt dagegen“, sagt die gelernte Polizeibeamtin.

Susanne Mittag, Bild 1

. „Das ist wie eine Druckbetankung mit Alkohol. Da sterben jedes Mal viele Gehirnzellen. Muss ich mich so wegschießen?“  Sie findet einen Ton, den die Schüler der Klassen 9 und 10 verstehen. Es ist kurz vor dem Ende der Doppelstunde, in der die Politikerin von den Jungen und Mädchen gelöchert wird. Lehrer Volker Westerkamp hatte sie anlässlich des Europa-Projekttages eingeladen, denn in beiden Klassen steht die EU derzeit auf dem Stundenplan.

Die Abschlussklasse war im März in Berlin gewesen und hatte den Bundestag besucht. Schon da habe die Abgeordnete die Schüler beeindruckt. Und nun sei man froh, denn die Gelegenheit, „mit einer echten Politikerin Tacheles zu reden, kommt so schnell nicht wieder“, sagt der Pädagoge. „Ein solches Gespräch ist für mich echte politische Bildung.“

Ganz plastisch schildert Susanne Mittag, wie sie über das Thema häusliche Gewalt und Schaffung eines Frauenhauses in Delmenhorst in die Politik gekommen ist. „Nichts tun und die Klappe halten oder sich engagieren“, seien die Möglichkeiten gewesen. Sie habe jedenfalls gelernt, dass man Probleme lösen kann, wenn man sich zusammentut. Als Bundestagsabgeordnete habe sie das Hobby zum Beruf gemacht. Ihre Tätigkeit als Polizeibeamtin habe ihre wichtigen Erfahrungen beschert, die sie immer noch nutzen könne.

Und weil von der EU in Brüssel bis zur Kommunalpolitik auch in Sandkrug alles zusammenhänge, müsse sie als Bundestagsabgeordnete natürlich über Europapolitik Bescheid wissen. Das gilt beispielsweise für die Vorratsdatenspeicherung, für die Susanne Mittag als „Polizei-Fachfrau“ eintritt. Die Frage nach der Datensammelei durch die US-Geheimdienste ist eine Steilvorlage, denn die Sozialdemokratin ist stellvertretende Vorsitzende des NSA-Untersuchungsausschusses. „Da ist etwas aus der Spur gelaufen“, sagt die Politikerin und schließt gleich den Bogen zu den Schülern. „Je mehr ihr eure Daten in die Cloud packt und bei Facebook postet, desto genauere Bewegungsbilder kann man von euch machen“, beschreibt sie die Möglichkeiten der Computertechnik. Ihr Rat an die Schüler: das eigene Leben nicht auf Facebook ausbreiten, auf Bonuskarten zu verzichten, private Bilder nicht in einer Cloud zu speichern und Verschlüsselungsprogramme zu nutzen.

Die Pkw-Maut, die derzeit von der EU geprüft wird, interessiert die Schüler ebenfalls. „Ich fand sie nicht so witzig“, gibt Susanne Mittag zu, aber die Maut sei in der Koalition verabredet gewesen und daran müsse man sich halten. Sie beschreibt Europa als Wirtschaftsraum ohne Zollschranken, erwähnt den Austausch von Schülern und Studenten über Ländergrenzen und setzt sich für die Flüchtlinge ein, die nach Deutschland kommen. „Gegen die Flüchtlinge wird Stimmung gemacht. Das geht nicht. Deutschland ist ein starkes Land und kann das aushalten“.

Von Lehrer Volker Westerkamp gibt es noch einen direkten Auftrag für die Abgeordnete. Er hat von ehemaligen Schülern gehört, dass es sehr schwer ist, bezahlbare Wohnungen in und um Oldenburg zu finden. Da müsse die Politikerin etwas tun. „Schon in Arbeit“, sagt sie, denn die Mittel für den sozialen Wohnungsbau wurden bereits erheblich erhöht.

Zum Abschied gibt es nach zwei intensiven Schulstunden Applaus für Susanne Mittag – und von den Schülern die Aufforderung: „Kommen Sie zu unserer Abschlussfeier“.