Einleitend betonte Bernd Lange, der Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament und Berichterstatter für TTIP ist, dass Handelsabkommen notwendig seien, um Handelsschranken ab- und globale Handels- und Wertschöpfungsketten auszubauen. Dabei ginge es vorrangig um die gegenseitige Anerkennung und Festschreibung von Standards und Arbeitnehmerrechten. Ziel sozialdemokratischer Politik müsse es dabei stets sein, hohe Standards und Arbeitnehmerrechte festzulegen, um „die Globalisierung an die Leine legen zu können“, so Bernd Lange.
Bei dem Vergleich der beiden Verhandlungen um TTIP und CETA zeigte Bernd Lange entscheidende Unterschiede auf.
„TTIP ist ein totes Pferd“, so Bernd Lange und begründete dies damit, dass sich der Verhandlungspartner USA insbesondere im Bereich Arbeitnehmerrechte auch nach der 14. Verhandlungsrunde nicht bewegt habe. Zudem sei die Vollständigkeit und Sicherheit, die bei jedem Abkommen vorliegen muss, nicht gegeben. Beide US-Präsidentschaftskandidaten zeigen sich TTIP gegenüber skeptisch.
Indes betonte der Europaabgeordnete, dass es gelungen sei, in diesem Prozess ein hohes Maß an Transparenz für Bürgerinnen und Bürger zu garantieren. Die Verhandlungstexte zu TTIP und CETA sind öffentlich auf Englisch und CETA auch auf Deutsch übersetzt im Internet einsehbar. Zudem stehen die Protokolle der Verhandlungsrunden im Netz.
Die Verhandlungen um CETA mit Kanada, laut Bernd Lange einer der engsten politischen Partner der EU, sind weiter vorangeschritten. Die aktuelle progressive Regierung unter Premierminister Justin Trudeau stehe im Zeichen proaktiver klimapolitischer Ziele, zugesicherter Rechte gegenüber der indigenen Bevölkerung oder eines gut funktionierenden Gesundheitssystems.
Dennoch gebe es auch hier drei problematische Bereiche, die der Schiedsgerichte, der Marktöffnung für Dienstleistungen und der Arbeitnehmerrechte, in denen unbedingt nachverhandelt werden müsse. Demnach dürfe es keine privaten Schiedsgerichte mehr geben. Geprüft wird derzeit ein öffentlich-rechtlich organisierter Investitionsgerichtshof, vergleichbar mit dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Grundsätzlich herrsche Einigkeit, jedoch seien noch Details zu klären. Im Bereich der Marktöffnung für Dienstleistungen müsse nachgebessert werden, sodass alle Bereiche erfasst werden, in denen keine Konkurrenz aus Kanada gewollt ist. Zudem müsse im Bereich Arbeitnehmerrechte nachgebessert werden. Alle acht Kernarbeitsnormen werden sicher kommen. Laut Bernd Lange reiche es nicht aus, dass Grundrechte nur ratifiziert werden, sondern müsse auch gemeinsam mit Gewerkschaften bestimmt werden, wie diese umzusetzen sind.
„Bei uns läuft kein Abkommen einfach so durch“, so der Europaabgeordnete. Er verwies dabei auf die Möglichkeit, Abkommen abzulehnen, wie etwa im Fall von ACTA, oder erst gar nicht über ein Abkommen abzustimmen. Zudem könne immer nachverhandelt werden, so wie es aktuell bei CETA der Fall ist. Letzteres sei originäre Aufgabe von Abgeordneten. Letztlich müsse kein Abkommen, über das verhandelt wird, auch zum Abschluss kommen, so Bernd Lange.
Nach seinem Vortrag bestand die Möglichkeit Fragen zu stellen. Diese wurde von Interessierten vor Ort ausgiebig genutzt. So gab es auch Fragen zu den Grundsätzen von Handelspolitik, die Kompetenz der EU ist und den sogenannten „Gemischten Abkommen“, über die sowohl das Europäische Parlament als auch nationale Parlamente abstimmen müssen und diese doppelt demokratisch legitimiert werden, wie es etwa bei CETA der Fall ist.
Am Ende der Veranstaltung blieb keine Frage der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unbeantwortet und ein Großteil der Befürchtungen konnte ausgeräumt werden.