Susanne Mittag besucht Markt-Apotheke in Wildeshausen

„Wir müssen die Kompetenz der Apotheken im Gesundheitssystem viel stärker nutzen als bisher.“ Dieses Fazit zog SPD-Bundestagsabgeordnete Susanne Mittag (Delmenhorst) nach einem intensiven Gespräch mit Apotheker Thomas Weißenborn in der Markt Apotheke Wildeshausen.

Ausgangspunkt des Besuchs war die Sorge des Apothekers vor einer stärkeren Rolle der Versandapotheken. In Berlin diskutiert die SPD derzeit an einem „Runden Tisch“ mit Apothekenvertretern, wie die örtlichen Apotheken gestärkt werden können, ohne den Versandhandel zu benachteiligen. Und für diese Debatte im Parlament nahm die Abgeordnete viele Vorschläge und Anregungen mit.

Den Kontakt hatte die Fraktionsvorsitzende der SPD im Wildeshauser Rat, Evelyn Goosmann, geknüpft. Die Pharmazeutisch-technische Assistentin (PTA) ist seit vielen Jahren in der Markt Apotheke beschäftigt und kennt die Situation der Branche genau. Sie bemängelt vor allem die Situation der PTA, die in der Regel während der Ausbildung Schulgeld zahlen müssen, danach kaum Aufstiegschancen haben und sich mit einer eher mageren Bezahlung begnügen müssen.

Selbst wenn Thomas Weißenborn mehr zahlen wollte, hat er das Problem, dass er seine Erträge bei verschreibungspflichtigen Medikamenten nicht einfach erhöhen kann, weil er pro Medikament einen festen Satz erhält, der seit 2004 erst einmal um drei Prozent angehoben worden ist. Er sieht die Politik in der Pflicht, hier tätig zu werden, denn die Apotheken hätten einen Versorgungsauftrag und eine Gemeinwohlpflicht.

Er plädiert dafür, die Ärzte um Aufgaben zu entlasten, die auch Apotheken leisten könnten. Ein Beispiel seien enorme Reibungsverluste bei der Verlängerung von Rezepten, die nicht sein müssten. Kliniken sollten außerdem Entlassungsrezepte ausstellen können. Das sei sinnvoll, dennoch werde darüber seit Jahren ohne Entscheidung debattiert. Das sektorale Denken im Gesundheitswesen koste viel Geld, beklagte Thomas Weißenborn.

Für Susanne Mittag ist klar, dass es an den Vernetzungsstrukturen fehlt. „Wir müssen effektiver werden“, so die Sozialdemokratin. „Wenn die Wartezimmer voll sind, muss ich überlegen, ob ich den Arzt von Routinetätigkeiten befreien kann, beispielsweise durch die Zuarbeit von Apotheken. Wir müssen darüber nachdenken, was ist Aufgabe des Arztes, was kann er abgeben.“

Auch bei der PTA-Ausbildung sieht die Abgeordnete Handlungsbedarf. Bei der Bezahlung gebe es „Luft nach oben“, das Schulgeld für die Ausbildung gehöre abgeschafft. Nur dann könne es gelingen, den Beruf wieder attraktiver zu machen.

Einig waren sich Abgeordnete und Apotheker, dass man die Versandapotheken nicht einfach verbieten könne. Insbesondere in strukturschwachen Regionen und für in ihrer Mobilität eingeschränkte Patientinnen und Patienten stellt der Versandhandel eine unter Umständen sinnvolle Ergänzung zu Präsenzapotheken dar. Jedoch arbeiten Präsenzapotheken bei der Bestellung und auch Auslieferung von Medikamenten im gleichen Zeitrahmen wie Versandapotheken. Ein Verbot hätte auch deutsche Versandhändler eingeschränkt.

Auf jeden Fall hat Susanne Mittag bei dem intensiven Austausch in der Wildeshauser Markt Apotheke viele Argumente und Vorschläge  erhalten, die sie in die Berliner Diskussion einbringen kann und will. Denn „die Apotheke hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion im Gesundheitswesen und kann und möchte einen größeren Beitrag leisten“, ist sie überzeugt.